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Historische Kalenderblätter

Johanna Wolff - 75. Todestag

 

 

 

 

Mai 2018



*30. Januar 1858 in Tilsit; †3. Mai 1943 in Orselina, Schweiz

 

»Wenn der Wald im Nebel steht, wenn der Wind mit müdem Streichen durch verschlafene Föhren weht, ringsum will der Tag verbleichen: das ist die Stunde, das ist die Zeit, wenn die Einsamkeit aufs Wandern geht.« Mit Versen wie diesen erlangte die Schriftstellerin Johanna Wolff weit über die Grenzen Ostpreußens hinaus hohes Ansehen. Bis heute zählt sie neben Agnes Miegel zu den bekanntesten Vertreterinnen der ostpreußischen Frauendichtkunst, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Anhänger im deutschsprachigen Raum vereinte. Beeinflusst von den Schriften Friedrich Nietzsches, Detlev von Liliencrons und Richard Dehmels, verfasste sie mit Hanneken, ein Buch der Armut und Arbeit 1912 ihr bekanntestes Werk, das autobiographisch ihre Tilsiter Kindheitsjahre widerspiegelt. Das Kulturzentrum Ostpreußen würdigt die vor 75 Jahren in der Schweiz verstorbene Schriftstellerin mit dem Kalenderblatt Mai.

 

Johanna Wolff wurde am 30. Januar 1858 als Tochter des Schusters Adolf Kielich und dessen Ehefrau Caroline, geb. Lukoschewitz, in Tilsit geboren. Ihre Eltern starben innerhalb von wenigen Monaten, als das Mädchen noch keine 7 Jahre alt war. Im Haus von Frau Misch, der strengen Nachbarin, wuchs Johanna Wolff als Waisenkind auf. Ihr Stiefbruder Heiner Misch wurde bald einer ihrer engsten Vertrauten, der ihr Trost spendete, sie im Lesen und Stricken unterrichtete und sie vor der herrischen Hausdame beschützte. Zwischen beiden entwickelte sich eine enge Freundschaft. Früh lernte Johanna Wolff allerdings auch, was Einsamkeit und Armut bedeutet. Nach der Konfirmation fand sie mehr und mehr Anschluss bei den sog. »Muckern«, einer damals im Memelland verbreiteten Gebetsversammlung, die ihr das Gefühl von Geborgenheit vermittelte. Beinahe täglich traf sie sich mit ihrer Klassenlehrerin Frau Bitt, für die sie verschiedene Aufgaben erledigte. Hervorgerufen durch ihr ungemeines Verlangen, den Dingen auf den Grund zu gehen und ihren Erfahrungsschatz durch das Lesen zu erweitern, wuchs in dem Mädchen der Wille, sich beruflich einer schriftstellerischen Tätigkeit zu widmen. An freien Nachmittagen verfasste sie Gedichte oder besuchte das Theater ihrer Heimatstadt Tilsit. 1877 wurde sie als Diakonissin in die Gebetsversammlung der »Mucker« aufgenommen. Ein Prediger aus Memel gab ihr die Chance, eine Lehre zur christlichen Kinderpflegerin zu absolvieren. Nach der Ausbildung bekam sie eine Anstellung mit festem Gehalt, welches sie für ihre zweite große Leidenschaft, das Reisen, nutzte. Für das Rote Kreuz war sie anschließend als Krankenschwester in Wien und Hamburg tätig. Nachdem sie zwischenzeitlich selbst an Typhus erkrankt war, lernte sie im Zuge ihrer Heilung den Prokuristen Gustav Wolff kennen, den sie am 19. August 1897 in Hamburg heiratete. Gustav Wolff war ebenfalls hoch gebildet, beherrschte viele Sprachen und war in einem Handelsbetrieb tätig. Zunächst Geschäftspartner seines Vaters Otto Wolff, wurde er später alleiniger Inhaber des elterlichen Handelshauses. Neben dem Geigenspiel verfasste er Reiseberichte über die Insel Capri (1893) und andere Gegenden, in denen er war. Darüber hinaus schrieb er mehrere Erzählungen wie Die Beichte des Mönchs (1898) und das Drama Ahasver (1899). Johanna Wolff veröffentlichte in dieser Zeit ebenfalls zahlreiche Romane und Erzählungen, mit denen sie große Bekanntheit erlangte. Ihr bedeutsamstes Werk war die 1912 veröffentlichte Autobiographie Hanneken – Ein Buch der Armut und Arbeit, welches in einer Stückzahl von über 55 000 Exemplaren gedruckt wurde. Ferner veröffentlichte sie noch weitere zahlreiche Gedichte und Dramen. Mitte der 1920er Jahre siedelte Johanna Wolff aus gesundheitlichen Gründen von Hamburg in die Schweiz über. Nach mehreren Aufenthalten in verschiedenen Sanatorien bezog sie zusammen mit ihrem Ehemann eine Eremitage in Orselina. Für ihre Leistungen als Schriftstellerin wurde sie noch zu Lebzeiten gewürdigt. So erhielt sie am 30. Mai 1930 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Tilsit. Darüber hinaus wurden zahlreiche öffentliche Einrichtungen und Straßen nach ihr benannt. Die Meerwischer Volksschule in Tilsit wurde am 30. Januar 1943 in »Johanna-Wolff-Schule« umbenannt. Johanna Wolff starb am 3. Mai 1943 im Alter von 85 Jahren. Bestattet wurde sie auf dem Friedhof Mergoscia im Schweizer Kanton Tessin. An ihrer Grabstelle befindet sich heute ein Gedenkstein mit der Aufschrift »Hanneken«.

 

Johanna Wolffs Nachlass, bestehend aus etwa 400 Briefen und Postkarten sowie weiteren Korrespondenzen, wird heute in der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin aufbewahrt. Weitere Teile ihres Nachlasses befinden sich in der Stiftung Archiv der deutschen Frauenbewegung in Kassel und im Deutschen Literaturarchiv in Marbach a. Neckar.

 

 

Die Rotkreuz-Krankenschwester Johanna Wolff, um 1890

 

 

Johanna Wolff um 1900

 

 

Die Eremitage in Orselina, in der Johanna und Gustav Wolff bis 1943 lebten

 

 

 

Literatur

 

Landsmannschaft Ostpreußen: Johanna Wolff. Leben und Werk, Hamburg (o. J.)

Stadtgemeinschaft Tilsit e.V. (Hg.): Tilsiter Rundbrief 23 (1993/94), Kiel 1994

 

 

Werke (Auswahl)

 

1912: Hanneken. Ein Buch der Armut und Arbeit.

1917: Von Mensch zu Mensch. Gedichte.

1918: Du schönes Leben. Gedichte.

1918: Schwiegermütter. Kleine Geschichten.

1919: Die Töchter Sauls.

1920: Die Totengräberin.

1921: Hans Peter Kromm der Lebendige. Eine Geschichte von Ufer zu Ufer.

1922: Drei Märchen.

1926: Der liebe Gott auf Urlaub. Zeitlose Legenden.

1930: Frauen zwischen gestern und heute. Lebensstücke.

1931: Lebendige Spur. Gedichte.

1932: Die Beichte.

1933: Andres Verlaten.

1935: Hannekens große Fahrt.

1935: Wir bleiben jung.

1936: Das Wunderbare. Eine Geschichte von Seelen und Geigen.

1937: Ein bißchen Freude.

1937: Der Fischpastor. Aus dem Merkbüchlein des Pfarrers Ulrich Drossel.

1938: Vogelreuthers Mühle.

1939: Wanderer wir. Ausgewählte Gedichte.

 

 

Weblinks (Auswahl)

 

Literatur Johanna Wolff im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Kurze Biographie von Johanna Wolff mit Werk- und Quellennachweisen

Johanna Wolffs Leben und Werke (Landsmannschaft Ostpreußen)

 


Verfasser: Marco Wachtel M.A.

Abbildungen: Johanna Wolff. Leben und Werk, Hamburg (o. J.)

Die Rechte zur Nutzung der Abbildungen mit dem Text obliegen dem Kulturzentrum Ostpreußen.