Fanny Mathilde Auguste Lewald - 210. Geburtstag
März 2021
* 24. März 1811 in Königsberg/Pr.; † 5. August 1889 in Dresden
Fanny Mathilde Auguste Lewald war eine deutsche Schriftstellerin und Frauenrechtlerin. Sie wurde am 24.03.1811 in einer jüdischen Kaufmannsfamilie als ältestes von 9 Kindern von David und Zipora Markus in Königsberg/Pr. geboren. Mit 14 Jahren verließ sie die Ulrichsche Privatschule und von nun an wurde das Leben des begabten Mädchens (…es sei bedauerlich, dass ihr kluger Kopf nicht auf dem Halse eines Jungen gewachsen sei…) von einem Stundenplan geregelt, der vor allem Hausarbeiten, Handarbeiten, Klavier spielen, Lektüre und die Wiederholung von Unterrichten enthielt. Eine weitere Schule und ein Universitätsstudium wurden ihr verweigert. Diese Zeit bezeichnete sie als »Leidensjahre«. 1827 hatte David Markus seinen beiden Söhnen und seiner Tochter den Übertritt zum protestantischen Glauben gestattet, mit der Hoffnung, ihre soziale Lage zu verbessern. Fanny trat zum Protestantismus über, ohne vom Christentum überzeugt zu sein. 1831 legte ihr Vater den jüdischen Namen ab und ließ seine Familie in Lewald umbenennen. 1832 begleitete Fanny den Vater auf einer Geschäftsreise nach Westen, angeblich um ihren Horizont zu erweitern, in Wirklichkeit aber, um eine passende Partie für sie zu finden. Im liberalen Haus ihres Onkels, Friedrich Jakob Lewald in Breslau, konnte sie zum ersten Mal in ihrem Leben über Politik und Literatur reden und war von den Texten deutscher Autoren (L. Börne, H. Heine, K. Gutzkow) fasziniert. Dort lernte sie ihren Vetter Heinrich Simon kennen und verliebte sich in den Mann, der aber ihre Zuneigung nicht erwiderte. Nach dieser unglücklichen Liebe widersetzte sie sich 1837 einer arrangierten Zweckehe; sie wollte ein unabhängiges Leben einer Schriftstellerin führen. Sie bekam Hilfe von ihrem Onkel August Lewald, Herausgeber der Zeitschrift »Europa«, welcher ohne ihr Wissen einige Artikel und Briefe mit Reisebeschreibungen veröffentlichte. Die Texte erregten Aufsehen und neue Artikel wurden bei ihr in Auftrag gegeben. Bestätigt durch diese Anerkennung, veröffentlichte sie (anonym) erfolgreich drei Romane: »Clementine« (1842), »Jenny« (1843) und »Eine Lebensfrage« (1845). Mit »Jenny« gelang ihr der Durchbruch. Sie wurde jetzt zu einer gefragten Schriftstellerin, verfasste einen Artikel und einen Roman nach dem anderen und konnte von den Honoraren selbständig gut leben. In ihren Texten setzte sie sich für die Verbesserung der Lage der Mädchen, für ihre Bildung und das Recht aller Frauen auf Arbeit ein. Sie bezeichnete die »höheren Töchter« als Sklavinnen ihres Standes und trat in ihren Schriften für deren »Befreiung« ein. Sie setzte sich auch gegen die Zwangsheirat der Frauen und für die Erleichterung der Ehescheidung ein. Diese Themen wurden zum Mittelpunkt ihres literarischen Schaffens. Aber nicht nur: zu den bevorzugten Themen in ihrer Publikationen zählte auch die soziale Problematik, z. B. in »Die Lage der weiblichen Dienstboten« (1843) oder in »Der dritte Stand« (1846). Während der deutschen Revolution (Berlin, Frankfurt) schrieb sie »Erinnerungen aus dem Jahr 1848« (1850) und setzte damit diesen Ereignissen ein Denkmal. Sie kämpfte auch für die Emanzipation der Juden, die Demokratisierung der Kunst und des politischen Lebens sowie für die Überwindung der Standesunterschiede und der gesellschaftlichen Konventionen. Fanny Lewald und ihre Ideen kamen an und sie wurde bekannt, gleichermaßen als Schriftstellerin und als Frauenrechtlerin. Mit Ida Gräfin Hahn und Luise Mühlbach gehörte sie zu den ersten Frauen, die von ihren Schreibtätigkeiten gut lebten. Ihre Romane hatten eine für damalige Zeit große Auflage (von 4 000 Exemplaren), was viel Geld einbrachte. 1845 zog sie nach Berlin und unternahm im gleichen Jahr eine Italienreise. Auf der Reise lernte sie die Schriftstellerin Therese v. Bacheracht kennen, mit der sie eine Freundschaft verband. 1846 traf sie in Rom auf den Mann, der zur großen Liebe ihres Lebens wurde, den Literaturkritiker, Schriftsteller und Kunsthistoriker Adolf Stahr (*1805). Er war verheiratet und Vater von 5 Kindern, aber sie verliebte sich in ihn und Adolf war Fanny auch nicht gleichgültig. Als er seine Familie in Jena zurückließ und 1852 nach Berlin zog, kam es zur Scheidung. Die beiden heirateten aber erst 1855. Das Paar unternahm zahlreiche Reisen durch Deutschland, England, Schottland, Frankreich, Italien und die Schweiz. Die 20 Jahre dieser Ehe waren die glücklichsten im Leben von Fanny Lewald. 1848 gründete sie einen politisch-literarischen Salon in Berlin, welcher zum geistigen Mittelpunkt der Hauptstadt wurde. Zu den berühmtesten Gästen des Salons gehörten: George Sand, Ferdinand Lassalle, Theodor Fontane, Heinrich Heine, Franz Liszt, Berthold Auerbach, Herzog Carl Alexander (Sachsen-Weimar-Eisenach), Johann Jacoby, Henriette Herz und Heinrich Laube. Damals schrieb sie den Roman »Wandlungen« (1853), die Erinnerungen »Meine Lebensgeschichte« (über ihre Kindheit und Jugend, 1862), den Roman »Von Geschlecht zu Geschlecht« (1866) und Schriften über Gleichberechtigung, u.a. »Osterbriefe für die Frauen« (1863) und »Für und wider die Frauen« (1870). Sie war überzeugt, dass Frauen genauso begabt sind wie Männer, verlangte die Gleichstellung bei der Bildung, Arbeit und in der Ehe und das Selbstbestimmungsrecht. Im Fall des allgemeinen Wahlrechtes war sie aber skeptisch: Sie meinte, dass die Frauen zuerst gebildet werden müssten! Nach einer Lungenentzündung Adolfs verließ das Ehepaar Berlin und reiste zur Kur nach Wiesbaden, wo er nach einer schweren Erkältung am 3.10.1876 starb. Nach dem Begräbnis verließ Fanny Wiesbaden und nahm in Berlin ihr altes Leben wieder auf. Sie arbeitete noch an einem letzten Roman »Die Familie Darner« (3 Bd., 1887), ihrem Tagebuch »Gefühltes und Gedachtes« und ihren Memoiren »Zwölf Bilder nach dem Leben« (1888). Sie reiste noch viel, aber mit dem Alter kamen gesundheitliche Probleme; zuletzt hatte sie stark mit asthmatischen Beschwerden zu kämpfen. Sie starb am 5.8.1889 in Dresden (wo sie Genesung gesucht hatte) und wurde am 9. August auf dem Alten Friedhof in Wiesbaden an der Seite ihres Mannes begraben. Die Romane von Fanny Lewald sind heute vergessen, aber es war ihr gelungen, mit ihren Büchern und Schriften zur Frauenfrage dazu beizutragen, dass sich die Lage der Frauen im Reich verbessern konnte. Somit war sie eine Vorkämpferin der Frauenemanzipation. |