Otto Braun – 150. Geburtstag
Januar 2022
* 28. Januar 1872 in Königsberg i. Pr.; † 15. Dezember 1955 in Locarno, Schweiz sozialdemokratischer Politiker
Der 1872 in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen als Sohn eines Eisenbahnangestellten in Königsberg geborene Otto Braun besuchte zuerst die lokale Volksschule und erlernte anschließend das Steindruckerhandwerk. Mit nur 16 Jahren trat er der bereits seit einem Jahrzehnt verbotenen SAP (Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands) bei, aus der 1890 offiziell die SPD hervorging. 1893 gründete er zusammen mit Hugo Haase die sozialdemokratische Zeitung für Ostpreußen Volkstribüne (später: Königsberger Volkszeitung). 1897 wurde er Vorsitzender des Arbeiter-Wahlvereins Königsberg, 1898 erfolgte seine Wahl zum Vorsitzenden der SPD des Bezirks Ostpreußen. 1902 wurde er Stadtverordneter in Königsberg und mitbegründete den Deutschen Landarbeiterverband. 1904 kam er wegen Spionagevorwurfs für den russischen Geheimdienst in längere Untersuchungshaft, wurde aber wieder freigesprochen. 1905 übernahm er als Mitglied der Kontrollkommission sein erstes Parteiamt auf Reichsebene. 1911 Wahl als Hauptkassierer in den Reichsvorstand der SPD und 1913 Mandat im Preußischen Abgeordnetenhaus. Im Rahmen der Novemberrevolution 1918 fungierte Braun zunächst als Mitglied des Berliner Arbeiter- und Soldatenrates und danach als preußischer Landwirtschaftsminister. 1919 kam er für die SPD in die Weimarer Nationalversammlung, bevor er von 1920-1932 – mit zwei kurzen Unterbrechungen – als preußischer Ministerpräsident „Roter Zar von Preußen“ in einer längeren stabilen Regierungsphase das Staats- und Schulwesen reformierte. Als Brauns Regierungskoalition bei der preußischen Landtagswahl 1932 die Mehrheit verlor, blieb diese zwar zunächst noch geschäftsführend im Amt, wurde jedoch am 20. Juli im sog. „Preußenschlag“ durch Reichskanzler Franz von Papen ihres Amtes enthoben, wobei die endgültige Amtsenthebung Otto Brauns durch Paul von Hindenburg Anfang Februar 1933 erfolgte, woraufhin dieser einen Monat später vor den Nationalsozialisten (Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler durch den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg am 30. Januar 1933) nach Ascona (Schweiz) floh. Dort betätigte er sich wieder ab den 1940er Jahren politisch, indem er seine Memoiren herausgab, sich mit einigen Exilpolitikern zusammenschloss, eine Denkschrift herausgab und sich in der Union deutscher Sozialisten engagierte. Am 15. Dezember 1955 starb er in Locarno (Schweiz). Über Otto Braun selbst lässt sich sagen, dass er eine stattliche Person von fast 1,90 Metern Größe und breitem Kreuz war. Sein starker Wille und das ausgeprägte organisatorische Talent verhalfen ihm auch komplizierte Gruppen zu führen. Einzig fehlten dem nüchternen Pragmatiker die Redegewandtheit sowie die Fähigkeit zur emotionalen Ansprache seines Publikums. Er war seit 3. April 1894 mit der ein Jahr älteren Emilie verheiratet, die er in den 1890ern auf einer Parteiversammlung kennenlernte und die mit Käthe Kollwitz befreundet war. Emilie erkrankte 1927 unheilbar, was Otto wohl auch dazu bewog, später in die Schweiz zu fliehen. Das Ehepaar Braun hatte einen Sohn, Erich, der mit nur 21 Jahren als Kriegsfreiwilliger im Rahmen des Ersten Weltkrieges an Diphterie starb. Otto Braun war fasziniert von der Natur Ostpreußens, was im Neue-Welt-Kalender der SPD von 1911 überliefert ist, wo er folgendes über Ostpreußen schrieb: „Dem oberflächlichen Beobachter geht das Herz auf, wenn er an einem hellen Sommertage durch die nordöstlichen Ebenen unseres Vaterlandes wandert. Er schreitet an saftigen, farbenprächtigen Wiesen vorbei, wo das Summen der Bienen emsige Tätigkeit verrät. … Aller gesellschaftlichen Fesseln befreit, sich eins fühlend mit der ihn umgebenden herrlichen Natur, wirft er sich am Waldesrande in den Schatten eines Baums.“
Quellen: https://www.dhm.de/lemo/biografie/otto-braun
https://www.welt.de/geschichte/kopf-des-tages/article232618741/Otto-Braun-So-stuerzte-Preussens-Roter-Zar.html
https://dewiki.de/Lexikon/Otto_Braun
In: Ostdeutsche Gedenktage ’72, Bund der Vertriebenen (BDV) |