Bernsteinköpfchen "Traut"
Hermann Brachert, 1941

Historisches
Kalenderblatt

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Historische Kalenderblätter

Barthel Heinrich Strausberg – 200. Geburtstag

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November 2023



Kaufmann, Großunternehmer
* 20. November 1823 in Neidenburg
† 31. Mai 1884 in Berlin

Barthel Heinrich (Baruch Hirsch), Sohn des Abraham Strausberg, Kaufmann, und der Caroline Gottheimer, wurde 1823 im beschaulichen Neidenburg geboren, das damals über 2 000 meist evangelische Einwohner zählte. Die Familie lebte in dem Grenzstädtchen in einfachen Verhältnissen. Strausberg hatte insgesamt sieben Geschwister. Bereits mit neun Jahren kam er an ein Gymnasium in Königsberg, wo er die Mittlere Reife erwarb. Als der Vater 1839 starb (die Mutter war bereits 1831 verstorben), war an einen Weiterbesuch der „hohen Schule“ nicht mehr zu denken. Deshalb ging Strausberg als 16-Jähriger zum Onkel der Mutter Gottheimer nach London, der dort ein Handelsgeschäft für Kohle betrieb. In London erwarb Strausberg im Rahmen seiner kaufmännischen Ausbildung, aber auch im Selbststudium, tiefgreifendes betriebs- und volkswirtschaftliches Wissen. Er anglisierte seinen Namen in Bethel Henry Strousberg und trat der anglikanischen Kirche bei, was zum Bruch mit der jüdischen Verwandtschaft führte, woraufhin er gezwungen war, seine Position im Im- und Exportgeschäft bei Gottheimer aufzugeben. In diese Zeit (1845) fällt auch die Hochzeit Strausbergs mit der siebzehnjährigen Engländerin Mary Ann Swan aus einer angesehenen, aber  relativ armen anglikanischen Kaufmannsfamilie. Aus dieser Ehe sollten 7 Kinder (4 weitere überlebten nicht) hervorgehen.
Zunächst betätigte sich Strausberg in diversen Building Societies (ein Vorläufer der Bausparkassen) und war journalistisch als Parlamentsreporter (London Times) tätig.
Strausberg begann sich für die Eisenbahn zu interessieren, da es im England der 1840er Jahre eine regelrechte „Eisenbahnmanie“ gab, wo sehr viele Strecken gebaut wurden.
1847 folgte eine Verurteilung wegen Unterschlagung von Mitgliedsbeiträgen.
Anschließend fand Strausberg Anstellung als Buchhalter, ging dann aber 1849/1850 für ein Jahr zum Geldverdienen nach Amerika (u. a. als Händler und Sprachlehrer in New Orleans).
In London zurück, wurde er Manager der Oak Mutual Life Assurance and Loan Company, übernahm das Sharpe’s London Magazine und gründete das Lawson‘s Merchants‘ Magazine (1852?). Darüber hinaus schrieb Strausberg über 100 Beiträge, meist zu volkswirtschaftlichen Themen, welche ihm 1857 einen Dr. phil „in absentia“ der Jenaer Universität einbrachten.
Nachdem ein Times-Artikel Strausbergs verbüßte Haftstrafe an die Öffentlichkeit brachte, zog er 1855 nach Berlin und fand sodann Anstellung als General-Agent bei der britischen Versicherung Waterloo.
Der große Durchbruch gelang 1861, als Strausberg durch gute Kontakte zu englischen Kapitalgebern und dem preußischen Handelsministerium eine Konzession zum Bau der Eisenbahnlinie Insterburg-Tilsit erhielt und dabei einen großen Gewinn erzielte. Es folgte 1963 zusammen mit dem Grafen Lehndorff die Konzession für den Bau der Ostpreußischen Südbahn-Strecke Pillau-Königsberg-Rastenburg-Lyck-Prostken (1871 in Betrieb genommen). Später kamen noch weitere Strecken dazu wie Berlin-Görlitz oder Breslau-Tarnowitz. Durch das spekulative Finanzierungssystem (eine Art Schneeballsystem) konnten sehr hohe Gewinne erzielt werden. Insgesamt konnten so 1.700 km Strecke mit 50 Mio. Passagieren und 45 Mio. Tonnen Fracht geschaffen werden.
Strausberg stieg zum „Eisenbahnkönig“ Europas auf, hatte großen Reichtum mit 50 Rittergütern, 75.000 Hektar Land, diverse Schlösser (u. a. Palais Strousberg in Berlin 1868), eine eigene Zeitung (Die Post) und einen gemischten, vertikal hochintegrierten Konzern mit rund 100.000 Beschäftigten, die vergleichsweise gute Löhne und Sozialleistungen (eigene Krankenkassen, Werkswohnungen, Schulen, Arbeitszeitverkürzung) genossen.
Nachdem in Rumänien 1866 Prinz Karl Eitel Friedrich (Hohenzollern) Fürst von Rumänien geworden war, kam Strousberg 1868 an eine Konzession für den Bau von vier großen Eisenbahnlinien in Rumänien. Diesmal kam es jedoch ab 1870 zu technischen und finanziellen Problemen (es war auch die Zeit des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71), sodass sich Strausberg unter großen finanziellen Verlusten aus dem Vorhaben zurückziehen musste, was ab 1872 durch Kreditsperre vonseiten der Banken zum Zusammenbruch des Konzerns führte, der dem deutschen Gründerkrach von 1873 voranging.
1875 wurde das Konkursverfahren in Berlin eröffnet.
Zur gleichen Zeit wurde Strausberg in Russland wegen dortiger Schulden verhaftet, woraufhin eine Haft sowie Abschiebung nach Deutschland 1877 erfolgten.
Bartel Heinrich Strausberg starb am 31. Mai 1884 im Alter von 60 Jahren vollkommen verarmt in einer Berliner Dachgeschosswohnung an einem Herzinfarkt.
Er liegt im Familienmausoleum auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof, Großgörschenstraße 12-14 in Berlin-Schöneberg begraben.


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Foto Palais Strousberg Wilhelmstraße 70, Berlin
Berlin und seine Bauten, Verlag Wilhelm Ernst & Sohn 1896, Autor: August Orth
Bilder gemeinfrei
 
Quellen:
Ostdeutsche Gedenktage 1973.
Das Ostpreußenblatt, 10. Dezember 1960, S. 10.
The Rise and Fall of the Railway King Henry Bethel Strousberg:
Difficulties of International Railway Investments in Germany in the 1860s, Ralf Roth, Uni Frankfurt, 2004.
Preußische Allgemeine Zeitung, Bethel Henry Strousberg – Aufstieg und Fall, Wolfgang Kaufmann, 31.05.2021.
Tilsiter Rundbrief, Nr. 33, (2003/2004), S. 31-34
(https://paz.de/artikel/aufstieg-und-fall-a4766.html)
https://www.wissenschaft.de/magazin/weitere-themen/aufstieg-und-fall-eines-eisenbahnkoenigs/
https://kulturstiftung.org/biographien/strousberg-bethel-henry-strausberg-barthel-heinrich-2
https://www.deutsche-biographie.de/sfz106868.html
https://dewiki.de/Lexikon/Bethel_Henry_Strousberg
https://www.preussenchronik.de/person_jsp/key=person_bethel+henry_strousberg.html
https://de.wikisource.org/wiki/BLK%C3%96:Strousberg,_Bethel_Heinrich