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Historische Kalenderblätter
Siegfried Passarge - 60. Todestag
Juli 2018 *29. November 1866 in Königsberg; †26. Juli 1958 in Bremen
Siegfried Passarge gehörte als Arzt und Geograf zu den Begründern der sog. vergleichenden Landschaftskunde. Ausgedehnte Studienreisen führten ihn bereits in jungen Jahren nach Afrika und Südamerika, wo er zahlreiche Beobachtungen in geografischer und anthropologischer Hinsicht durchführte. Als Professor entwickelte er wegweisende Theorien zu den Veränderungen der Landschaft durch den Menschen. Er selbst führte bis ins hohe Alter ein Leben im Dienste der Geografie, die sich als Wissenschaft durch ihn maßgeblich weiterentwickelte. Trotz etlicher Kontroversen scheute sich Passarge nicht, seine Meinung öffentlich zu vertreten. Seine theoretischen Ansätze wurden durch Otto Wernli, Karl Bürger und Dieter Steiner später weiter erforscht.
Geboren wurde Otto Karl Siegfried Passarge am 29. November 1866 als Sohn des Richters und Schriftstellers Ludwig Passarge in Königsberg (vgl. Kalenderblatt August 2017). Sein Großvater besaß das Gut Wolittnick im Kreis Heiligenbeil. Nachdem er bereits als Schüler des Königsberger Friedrichkollegiums den Entschluss gefasst hatte, Arzt und Afrikaforscher zu werden, begann er 1886 in Berlin am Lehrstuhl Ferdinand von Richthofens Geografie zu studieren. Richthofen war damals für seine China-Forschungen bekannt und als Lehrer von Sven Hedin, Ernst Tiessen und Erich von Drygalski ein angesehener Professor. Durch ihn richtete sich Passarges Aufmerksamkeit bald auf die Naturwissenschaft, deren Bedeutung er mit Blick auf seine späteren völkerkundlichen Untersuchungen bald erkannte. In Jena absolvierte Siegfried Passarge weiterhin noch ein Medizinstudium, welches er 1892 mit dem Staatsexamen erfolgreich bestand. Seine große Leidenschaft blieb jedoch die Geografie. Nachdem Passarge seine militärische Dienstpflicht 1893 als Unterarzt absolviert hatte, reiste er als Mitglied des Deutschen Kamerun-Comittees für Grenzregulierungsarbeiten mehrfach in die deutsche Überseekolonie Kamerun. Aus diesen Forschungsreisen heraus erwuchs sein wohl wichtigstes Werk Adamaua, das in Fachkreisen sehr geschätzt wurde und größere Anerkennung fand. 1895 erhielt er das Angebot, das Ngamiland im heutigen Botswana nach Gold- und Diamantenvorkommen zu erkunden. Er bereiste die Region und erforschte bald die gesamte nördliche Kalahari-Wüste. Die Ergebnisse seiner Expedition legte Passarge 1904 in Die Kalahari nieder. Bereits zuvor (1901/02) führten ihn weitere Expeditionen nach Südamerika in das Orinoko-Gebiet Venezuelas, in dem ausführliche Aufzeichnungen über den tropischen Regenwald entstanden. 1903 habilitierte sich Siegfried Passarge bei Ferdinand von Richthofen mit einer Arbeit über die Kalahari, die er völkerkundlich mit einer Studie über deren Ureinwohner erweiterte. Weitere Reisen nach Algerien und Palästina (1906/07) erfolgten kurz nach seiner Berufung an den Lehrstuhl für Geografie der Universität Breslau (1905). Von dort aus ging Passarge 1908 an die Hamburger Universität, an der er bis 1936 forschte und lehrte. Unterbrochen wurden diese Jahre lediglich durch den Ersten Weltkrieg, in dem Passarge als Arzt und Geograf in Flandern tätig war. Seine Beobachtungen bei den Reisen durch Afrika und Südamerika führten in den 1920er Jahren zur Entwicklung einer neuen Disziplin innerhalb der Geografie: der Landschaftskunde. Eine Lehre, mit der sich auch der an Universität München lehrende und ebenfalls aus Königsberg stammende Fachkollege Erich von Drygalski beschäftigte. Beide kannten sich gut und waren durch ihre Freundschaft eng verbunden. Siegfried Passarge blieb in Hamburg und forschte bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1936 weiter. Schmerzlich musste der 70-jährige jedoch erkennen, dass die Zeichen der Zeit sich verändert hatten und die nationalsozialistische Rasseideologie seinen persönlichen Anschauungen widersprach. Gleich mehrere Schicksalsschläge ereilten ihn im Jahre 1943 mit dem Tod seiner aus Bartenstein stammende Ehefrau Else und seinem ältesten Sohn, der als Soldat an der Front fiel. Brandbomben, die seine Hamburger Wohnung während des Zweiten Weltkrieges trafen, vernichteten seine Aufzeichnungen nahezu vollständig. Ein letztes Mal kehrte Passarge daraufhin nach Ostpreußen zurück. In Königsberg traf er den früheren Oberpräsidenten der Provinz Ostpreußen, Adolf von Batocki. Mit ihm war Passarge seit der Schulzeit befreundet. Dem endgültigen Abschied aus Ostpreußen (1944) folgte noch ein kurzer Aufenthalt in der schlesischen Stadt Grünberg. Hier kümmerte er sich mit seinen medizinischen Kenntnissen um die notleidende Zivilbevölkerung. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt Siegfried Passarge am 26. Februar 1957 die Ehrendoktorwürde der Hamburger Universität. Ein gutes Jahr später, am 26. Juli 1958, verstarb er in Bremen.
Siegfried Passarge, Ende des 19. Jh.
Die Landschaftsgürtel der Erde, Breslau 1923
Literatur (Auswahl)
Wolfgang Freyberg: Siegfried Passarge. In: Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen (Hg.): Ostdeutsche Gedenktage 2008, Bonn 2009, S. 135ff.
Herbert Kirrinnis: Siegfried Passarge. In: Altpreußische Biografie, Bd. 3 (1975), S. 1036
Gerhard Sandner; Mechtild Rössler (Hgg.): Schriftenverzeichnis und Nachlass von Siegfried Passarge. 3. Aufl., Hamburg 1998
Schriften (Auswahl)
Adamaua. Bericht über die Expedition des Deutschen Kamerun-Komitees in den Jahren 1893/94, 1895 Die Kalahari. Versuch einer physisch-geographischen Darstellung der Sandfelder des südafrikanischen Beckens, 1904 Südafrika. Eine Landes-, Volks- und Wirtschaftskunde, 1912 Die Grundlagen der Landschaftskunde, 1919/1920 Vergleichende Landschaftskunde, 1921 – 30 Landschaft und Kulturentwicklung in unseren Klimabreiten, 1922 Die Landschaftsgürtel der Erde, 1923 Geographische Völkerkunde, 1951
Verfasser: Marco Wachtel M.A. Abbildungen: Das Ostpreußenblatt, Folge 5 (1953), S. 13 Die Rechte an den Abbildungen und am Text obliegen dem Kulturzentrum Ostpreußen. |