Hans Koch – 130. Geburtstag
August 2023
Rechtsanwalt, Notar * 16. August 1893 in Bartenstein / Ostpreußen † 24. April 1945 in Berlin
Hans Koch wurde im Sommer 1893 in Bartenstein als Sohn eines Gymnasialprofessors geboren und verbrachte wohl die ersten zehn Lebens- und damit auch seine ersten Schuljahre in der ostpreußischen Heimat. Das malerische Bartenstein am Flusse Alle lag ziemlich zentral in Ostpreußen und hatte um die Jahrhundertwende (1900) etwa 6 800 meist evangelische Einwohner. Als der Vater 1903 als Gymnasialdirektor nach Berlin-Charlottenburg berufen wurde, kam Hans Koch an das Prinz-Heinrich-Gymnasium, wo er 1911 das Abitur absolvierte. Anschließend studierte er zwei Semester Jura in Königsberg und trat auch der Studentenverbindung Corps Baltia bei. Er schlug jedoch noch ca. 5 Monate vor Beginn des Ersten Weltkriegs die Offizierslaufbahn ein. 1914 zog Koch als Leutnant in den Krieg, wurde bereits Anfang September des gleichen Jahres in der Marne-Schlacht durch Granatsplitter an Oberschenkel und Hüfte schwer verwundet und kam in französische Kriegsgefangenschaft, aus der er erst 1919 zurückkehrte. Nachdem das Militär keine Perspektive mehr bot, setzte Koch das früher begonnene Studium wieder fort, bestand 1921 die Referendarprüfung und wurde mit summa cum laude promoviert. 1923 folgte die Hochzeit mit der ca. zehn Jahre jüngeren Annemarie Kahle, der Tochter eines gefallenen Korpsbruders. Aus dieser Ehe sollten drei Töchter und ein Sohn hervorgehen. Seine Ausbildung absolvierte Koch im Kammergerichtsbezirk, war dann ab 1923 Beamter im Preußischen Handelsministerium und stieg dann an der Berliner Börse bis zum Zweiten Staatskommissar auf. Dies erfüllte ihn jedoch nicht, deshalb schied Koch aus seiner Position aus und ließ sich 1927 in Berlin als Notar und Rechtsanwalt nieder. Kurz nachdem die Nationalsozialisten 1933 die Macht im Lande übernahmen, schloss sich Koch – der die nationalsozialistische Ideologie von Anfang an ablehnte – der Bekennenden Kirche an, die sich als Oppositionsbewegung evangelischer Christen gegen die gleichgeschaltete Deutsche Evangelische Kirche verstand und der Größen angehörten wie etwa Dietrich Bonhoeffer, Martin Niemöller und Helmut Gollwitzer. Als Hans Koch 1935 eine jüdische Industriellen-Familie, die enteignet werden sollte, „zu kompetent und furchtlos“ verteidigte, wurde er ohne Begründung oder gar ein Gerichtsverfahren für mehrere Monate bis Ende des Jahres verhaftet. Er verteidigte gegen die Nationalsozialisten verschiedene Pfarrer und andere spätere Größen wie etwa Pfarrer Gerhard Jacobi, Pfarrer Lic. Wilhelm Niesel, Dr. Hermann Ehlers (Bundestagspräsident 1950-1954) und Rittergutsbesitzer Wilhelm von Arnim-Lötzlow. Hans Kochs wichtigster Prozess war wohl 1938, als er zusammen mit zwei weiteren Anwälten Martin Niemöller, der seinerzeit Pfarrer der Bekennenden Kirche in Berlin-Dahlem war, verteidigte, indem sie die Praktiken des NS-Willkürstaates nachwiesen und damit seinen Freispruch erwirkten, der freilich nichts brachte, da Niemöller noch in der gleichen Nacht von der Gestapo ins KZ Sachsenhausen verbracht wurde. Kurz nachdem der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde Hans Koch als Reserveoffizier einberufen. Da er aber mit seinen 46 Jahren aufgrund der zurückliegenden schweren Verletzungen nicht fronttauglich war, kam Koch ans Rüstungsamt des OKW in Berlin und konnte seine Anwaltstätigkeit fortsetzen. So kam er während der Kriegszeit in Berührung mit zivilen und militärischen Widerstandskreisen unter Carl Friedrich Goerdeler und Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Über seine genaue Stellung im Widerstand ist nicht viel überliefert, außer dass er unter einer Regierung Beck/Goerdeler als Reichsgerichtspräsident vorgesehen war – was eine große Integrität und wichtige Rolle im Widerstand gegen Hitler voraussetzte – und nach dem gescheiterten Hitlerattentat den Verschwörer Hans Bernd Gisevius für einige Tage versteckte, der dann später in die Schweiz fliehen konnte, wobei Hans Koch selbst mit seiner Familie für kurze Zeit verhaftet wurde. Hans Koch hinterließ aus offensichtlichen Gründen nur wenig Geschriebenes, wurde dennoch im Januar 1945 denunziert und bald darauf verhaftet. In der Nacht auf den 24. April 1945 – einen Tag bevor sowjetische und polnische Truppen den Ring um Berlin schlossen und Rotarmisten und US-Soldaten in Strehla an der Elbe aufeinandertrafen – wurde Hans Koch von einem Sonderkommando des Reichssicherheitshauptamtes ohne Gerichtsverhandlung erschossen. Koch ist auf dem Evangelischen Kirchhof Nikolassee (Berlin) begraben.
Das Leben ging, die Ehre nicht verloren, er hat gekämpft, für Ehre, Freiheit, Recht, getreu der Fahne, der er zugeschworen. (Zitat Grabstein: Annemarie Koch geb. Kahle)
Bildnachweis:
Privatbesitz/Reproduktion Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Quellen:
Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Ostdeutsche Gedenktage 1993
Esther Widmann, Markus C. Schulte von Drach, Oliver Das Gupta: Bonhoeffer, Canaris und andere NS-Gegner: Hans Koch. In: Süddeutsche Zeitung, 9. April 2015.
Konrad Badenheuer: Mit dem Leben bezahlt – Hans Koch. Preußische Allgemeine Zeitung, Nr. 44, 31. Oktober 2009
https://www.gdw-berlin.de/vertiefung/biografien/personenverzeichnis/biografie/view-bio/hans-koch/?no_cache=1
https://de-academic.com/dic.nsf/dewiki/578185
https://www.genealogieonline.nl/de/stamboom-pets-en-de-bock/I6142.php
|