Bernsteinköpfchen "Traut"
Hermann Brachert, 1941

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November 2024

Max Halbe – 80. Todestag


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Historische Kalenderblätter

Johannes Bobrowski - 50. Todestag

 

 

 

 

September 2015





 

Johannes Bobrowski (*9. April 1917 in Tilsit;2. September 1965 in Berlin)






Ich wollte Landschaft und Menschen schildern, um meinen deutschen Landsleuten etwas zu erzählen, was sie nicht wissen. Sie wissen nämlich nicht über ihre östlichen Nachbarn Bescheid. (Johannes Bobrowski)





Johannes Bobrowski gehört neben Siegfried Lenz, Ursula Enseleit und Arno Surminski zu den bedeutendsten ostpreußischen Schriftstellern der Nachkriegszeit. Zum Vermächtnis Bobrowskis zählen Gedichte und Erzählungen, in denen nicht nur die persönlichen Erinnerungen an Ostpreußen, sondern auch die Verständigung der Völker nach dem Zweiten Weltkrieg eine große Rolle spielen. Bis heute haben die Zeilen seiner Dichtungen und Prosaschriften nichts von ihrer Kraft verloren. Das Kulturzentrum Ostpreußen gedenkt dem großen Lyriker und Erzähler an dessen 50. Todestag.

 

Johannes Bobrowski wurde am 9. April 1917 als Sohn einer Eisenbahnerfamilie in Tilsit geboren. Die wenigen Informationen aus seiner Kindheit geben uns Auskunft darüber, dass die Familie zunächst viele Jahre im deutsch-litauischen Grenzgebiet gelebt hat, wo der Vater in der Reichsbahnverwaltung tätig war. Viele Erlebnisse aus den frühen Kindheitstagen in Bobrowskis Leben begegnen uns später in seinen Gedichten wieder, in denen das einfache Zusammenleben der Polen, Litauer und Russen mit der deutschen Bevölkerung geschildert wird. Aufgrund der zeitlich befristeten Arbeiten des Vaters, war die konservativ geprägte Familie Bobrowski häufig gezwungen umzuziehen. Kurz lebten sie in Graudenz, später wieder in Tilsit, nachdem Westpreußen 1920 polnisch geworden war. Wie sehr die politischen Veränderungen den jungen Bobrowski nach dem Ersten Weltkrieg berührten, zeigt sich anhand vieler Schilderungen im Roman »Litauische Claviere«. Als Handlungsort dient hier das Dorf Motzischken am Flüsschen Jura, dessen Beschreibung genau zu jenem kleinen Ort passt, in dem seine Großeltern lebten. 1928 zog die Familie nach Königsberg, wo Johannes Bobrowski im Stadtgymnasium Altstadt-Kneiphof 1937 sein Reifezeugnis erhielt. An freien Tagen zog es ihn an die Memel, wo er die einzigartige Natur und die Stille genoss. Momente, die dem Jungen im Gedächtnis blieben und die in seinen späteren Gedichten und Erzählungen immer wieder auftauchen. Johannes Bobrowski war schon während seiner Schulzeit ein Mitglied der »Bekennenden Kirche«, einer Gemeinschaft von Mitgliedern der evangelischen Kirche, die sich der nationalsozialistischen Gleichschaltung der Kirche widersetzten. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wurde Bobrowski im September 1939 gezwungen, sein Studium der Germanistik und Kunstgeschichte an der Albertina in Königsberg zu unterbrechen. Der Krieg führte den 22-jährigen als Gefreiten eines Nachrichtenregiments über Polen und Frankreich bis nach Russland, wo er in Gefangenschaft geriet und als Bergarbeiter schwerste körperliche Arbeiten leisten musste. Nach seiner Rückkehr 1949 wurde er Lektor im Ost-Berliner Luzie Groszer-Verlag. Während dieser Zeit begann er mit der Niederschrift seiner umfangreichen Erinnerungen an Ostpreußen. Bobrowski kannte die Sprache und das Wesen der deutschen Nachbarvölker im Osten. Zum Teil ließ er in seinen Werken einige der Protagonisten in polnischer und litauischer Sprache sprechen, damit der Leser einen Eindruck von den kulturellen Verschiedenheiten bekam. 1961 veröffentlichte er seinen ersten eigenen Gedichtband »Sarmatische Zeit«, der ihm viel Zuspruch einbrachte. Ein Jahr später wurde Bobrowski mit dem Preis der »Gruppe 47« ausgezeichnet, was ihm Achtung seitens der westdeutschen Autorenschaft, aber auch Misstrauen durch die DDR-Staatssicherheit einbrachte. Zwei Jahre nach seinem Beitritt in den Deutschen Schriftstellerverband (1963) verstarb Johannes Bobrowski völlig unerwartet am 2. September 1965 im Alter von 48 Jahren an den Folgen eines Blinddarmdurchbruchs. Sein Leichnam wurde in Berlin-Friedrichshagen beigesetzt.

 

Ein zentrales Thema in seinen Werken ist das Verhältnis der Deutschen zu ihren östlichen Nachbarn nach dem Zweiten Weltkrieg. Seine hohe Sprachkunst fand über nationale Grenzen hinaus dauerhaft Geltung, weshalb er schon zu Lebzeiten zu den bedeutendsten Nachkriegsautoren zählte. Bobrowskis Gedichte zeichnen sich durch eine eindringliche Sprache aus. Meist ohne Reim und festes Metrum konzentrieren sich die motivischen Leitthemen vor allem auf die weite Landschaft Ostpreußens und die vielen Erinnerungen an die eigene Vergangenheit, die im latenten Gegensatz zur Fremde der neuen Heimat steht. Ein Merkmal, das sich bei vielen ostpreußischen Autoren, die über die verlorene Heimat geschrieben haben, beobachten lässt.

 

 

 

Werke (Auswahl)




Einzelausgaben



Sarmatische Zeit. Gedichte. Berlin-Stuttgart 1961.

 

Levins Mühle. 34 Sätze über meinen Großvater. Roman. Berlin-Frankfurt 1964.

 

Litauische Claviere. Roman. Berlin 1966.

 

Wetterzeichen. Gedichte. Berlin 1967.

 

Der Mahner. Erzählungen und andere Prosa aus dem Nachlaß. Berlin 1968.

 

Im Windgesträuch. Gedichte aus dem Nachlaß. Berlin 1970.

 

 

 

Werkausgaben



Gesammelte Werke in sechs Bänden. Berlin 1987.

 

Gesammelte Werke in sechs Bänden (Neuauflage der Gesammelten Werke bei der DVA Stuttgart mit zwei Kommentarbänden). Stuttgart 1998f.

 

 

 

Herausgaben



Gustav Schwab: Die schönsten Sagen des klassischen Altertums, hrsg. von Johannes Bobrowski. Berlin 1954.

 

Wer mich und Ilse sieht im Grase. Deutsche Poeten des 18. Jahrhunderts über die Liebe und das Frauenzimmer, hrsg. von Johannes Bobrowski. Berlin 1964.

 

Hans Clauerts wunderseltsame, abenteuerliche und unerhörte Geschichten, kurzweilig und sehr lustig zu lesen, hrsg. von Johannes Bobrowski nach dem Buch von Bartholomäus Krüger, Stadtschreiber zu Trebbin. Berlin 1983.



 

Briefwechsel



Eberhard Haufe (Hrsg.): Johannes Bobrowski – Peter Huchel. Briefwechsel. Marbach 1993.

 

Peter Röske (Hrsg.): „als wär es für mich gemalt“ Johannes Bobrowski – Albert Ebert. Briefe. Galerie der Berliner Graphikpresse. Berlin 1998.

 

Jochen Meyer (Hrsg.): Johannes Bobrowski – Michael Hamburger: „Jedes Gedicht ist das letzte“. Briefwechsel. Marbach 2004.

 

 

 

Tonträger



Johannes Bobrowski liest Lyrik und Prosa. Berlin 1966.

 

Johannes Bobrowski, Nachbarschaft. Neun Gedichte – Drei Erzählungen – Zwei Schallplatten. Berlin 1967.

 

Johannes Bobrowski liest die Erzählungen Der Mahner und Der Tänzer Malige. Berlin 1980.

 

Johannes Bobrowski: Im Strom. Gedichte und Prosa. Berlin 2001.

 

 

 

 

Literatur (Auswahl)




Andreas Degen, Thomas Taterka (Hgg.): Zeit aus Schweigen. Johannes Bobrowski. Leben und Werk. München 2009.

 

Bernd Leistner: Johannes Bobrowski – Studien und Interpretationen.

Berlin 1981.

 

Christoph Meckel: Erinnerung an Johannes Bobrowski. München-Wien 1989.

 

Dietmar Albrecht, Andreas Degen (Hgg.): Unverschmerzt. Johannes Bobrowski – Leben und Werk. München 2004.

 

Eberhard Haufe: Bobrowski-Chronik. Daten zu Leben und Werk.

Würzburg 1994.

 

Gerhard Wolf: Beschreibung eines Zimmers – 15 Kapitel über Johannes Bobrowski. Berlin 1975.

 

Ders.: Johannes Bobrowski – Leben und Werk. Berlin 1967.

 

Ders.: Johannes Bobrowski – Selbstzeugnisse und neue Beiträge über sein Werk. Berlin 1975.

 

Gerhard Rostin (Hrsg.): Ahornallee 26 oder Epitaph für Johannes Bobrowski. Stuttgart 1978.

 

Johannes Bobrowski. Spur der Stimmen. hrsg. von Maria Behre, Andreas Degen, Christian Fabritz. Braunschweig 2012.

 

Johannes Bobrowski – Selbstzeugnisse und Beiträge über sein Werk.

Berlin 1967.

 

Johannes Bobrowski oder Landschaft mit Leuten. Ausstellung und Katalog (Marbacher Kataloge 46). Marbach a. N. 1993.

 

Peter Albert: Die Deutschen und der europäische Osten – „Vergangenheitsbewältigung“ als Historismuskritik im Erzählwerk Johannes Bobrowskis. Erlangen 1990.

 

Sabine Egger: Dialog mit dem Fremden. Erinnerung an den „europäischen Osten“ in der Lyrik Johannes Bobrowskis. Würzburg 2009.